Die Gretchenfrage aus Goethes Faust I umgemünzt auf den politischen Bereich würde wohl lauten: „Nun sag, wie hast du’s mit der Politik?“ – Diese Frage kann und sollte sich wohl jeder nur selbst beantworten. Es ist ein Abwägen des Für und Wider, ein Jonglieren mit Fakten und die Subsumtion der Selben auf das eigene Leben. Aus genau diesem Prozess heraus bildet sich der Einzelne seine Meinung und wählt auch dem entsprechend. Aber muss ich mich als Fotograf zu irgendeiner politischen Linie bekennen? Kann man auch Kundschaft aus verschiedenen politischen Richtungen bedienen? – Eben diesen Fragen musste ich mich im derzeit noch laufenden Bürgermeisterwahlkampf stellen. Warum und wie ich mich entschieden habe und was letztlich für Projekte entstanden, lest ihr in den folgenden Zeilen.
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Alles fing im September 2017 an. Mike George, der Bürgermeisterkandidat der Freien Wähler aus Bad Blankenburg rief mich an, um einen Fototermin zu vereinbaren. Es sollten Imageaufnahmen für seinen Wahlkampf entstehen – kein Problem. Einige Tage später klingelte erneut das Telefon und ich hatte den SPD-Kandidaten der Stadt Saalfeld Steffen Lutz am Ohr, der mit der gleichen Bitte aufwartete. Auch noch kein Problem – Verschiedene politische Lager, aber in verschiedenen Städten. Der nächste Anruf kam dann von Marko Kupfermann, Geschäftsführer der Agentur Feuerzeichen. Dieser fragte mich, ob ich es mit meinem Gewissen vereinbaren könne, auch noch die Kampagne des CDU-Kandidaten Steffen Kania zu fotografieren.
Neutralität ist sicher nicht immer der einfachste, wohl in diesem Fall aber der professionellste Weg…
Und da war sie, die ominöse Frage. Letztlich zerbrach ich mir aber nicht nächtelang den Kopf darüber, sondern traf eine schnelle Entscheidung. Meine Arbeit hat nichts mit meiner persönlichen politischen Meinung zu tun – also halte ich es damit wie in meinem alten Job als Polizeibeamter. Neutralität ist sicher nicht immer der einfachste, wohl in diesem Fall aber der professionellste Weg. Alle Kandidaten sind meine Kunden und dem entsprechend werde ich für jeden mein fotografisch Bestes geben, um seine Ideen und Wünsche umzusetzen. Klar kann man dabei nicht aus der eigenen Haut fahren und den eigenen Stil wird man auch nicht mal eben ändern. Um aber nicht einen fotografischen Einheitsbrei zu produzieren, musste ich mir ein paar Gedanken machen, wie ich die einzelnen Kampagnen umsetze. Letztlich war dann doch alles nicht so schwer wie anfangs gedacht. Jeder der Kandidaten war sehr individuell in seinen Vorstellungen von optimalem Bildmaterial für den Wahlkampf und dann ist da ja noch immer die Person an sich, deren Charakterzüge und Besonderheiten man fotografisch herausarbeiten kann. Alles in Allem eine ansprechende Herausforderung, aber kein unlösbares Problem.
In den folgenden Wochen kamen dann noch ein paar Kandidaten hinzu, so unter anderem Thomas Schubert, der CDU Kandidat für Bad Blankenburg oder Kerstin Barczus aus dem Bereich Kaulsdorf. Interessant für mich war dabei die unterschiedliche Herangehensweise der einzelnen Kandidaten an den Wahlkampf. Mike George zum Beispiel wartete mit einem sehr umfangreichen Konzept zur Stadtentwicklung und zu den große Problemen der Stadt Bad Blankenburg auf. Zu jedem der Themenfelder haben wir also passend vor Ort an mehreren Terminen unterschiedlichste Motive ausgearbeitet. Dabei lernt man natürlich den Kandidaten und dessen Wahlkampfcrew als Menschen besser kennen. Ich habe Mike George dabei als offenen, freundlichen und zielorientierten Menschen erlebt – das hat die Zusammenarbeit sehr angenehm gestaltet.
Der zweite Kandidat aus Bad Blankenburg war Thomas Schubert. Dessen Herangehensweise war fotografisch gesehen ganz anders – er wollte lediglich ein paar Studioportraits, auf denen er als der Mensch dargestellt wird, der er tatsächlich ist. Ich denke es ist mir in den zwei Stunden ganz gut gelungen seinen Charakter einzufangen, insbesondere, da ich ihn nun schon mehrere Jahre durch seine Arbeit im Bad Blankenburger Carnevals Club kenne. Was mich aber durchaus überzeugt hat, waren die fertigen Wahlplakate. Diese finde ich farblich sehr gut abgestimmt, gut gestaltet und durch den handschriftlichen Unterschriftszug von Thomas bekommen diese noch eine warme persönliche Note – sehr schön.
„Wie so oft im Leben liegt man manches Mal daneben!“…
Mit harten Bandagen und umfangreichen Mitteln kämpften die beiden „Steffen“ aus Saalfeld. Steffen Lutz, den ich bereits für seine Anwaltskanzlei portraitiert hatte, propagierte Bürgernähe und wollte sich gern so fotografiert sehen, wie er im tatsächlichen Leben als Mensch agiert. Also haben wir auch hier sehr viel on location und mit anderen Menschen gearbeitet. Von Einzelportraits über Kleingruppen mit politischen Mitstreitern bis hin zur Familie haben wir die unterschiedlichsten Motive fotografiert. Zu meiner Freude kamen davon auch sehr viele im Rahmen der Wahlkampagne zum Einsatz. Sehr farbenfroh und auch hervorragend gestaltet präsentierten sich insbesondere die Großplakate. Der Buschfunk trug mir zu, dass sogar einige Leute Steffen Lutz gefragt hätten, ob er für die Bilder extra jemanden aus der Parteizentrale in Berlin habe kommen lassen – die Plakate könnten sich durchaus mit denen der Wahlen zum Bundestag messen. Für mich natürlich ein tolles Feedback.
Die wohl aufwändigste Kampagne fotografierte ich für Steffen Kania. Angefangen von Studioportraits über eine Homestory bis hin zu Aufnahmen on location war alles dabei, bei dem man fotografisch sein Unwesen treiben kann. Begonnen haben wir mit einer Studiosession vor Weihnachten. Wichtig war hierbei ein ansprechendes Portrait auszuarbeiten, dass zum offenen Diskurs einlädt, den Kandidaten authentisch darstellt und natürlich auch den weihnachtlichen Gedanken transportiert. Sinn und Zweck der Bilder war unter anderem die Erstellung von Faltboxen für „Give-Away’s“. Diese Idee fand ich sehr schön und auch die Umsetzung ist der Agentur Feuerzeichen sehr gut gelungen. Als Nächstes stand die Homestory auf dem Plan, welche später im MARCUS veröffentlicht wurde. Gemeinsam mit Tobias Fritzsche besuchten wir Steffen Kania zu Haus und er gewährte uns Einblick in sein Leben. Ich lernte ihn dabei als sehr angenehmen, positiven Menschen mit viel Charme und Witz kennen – ich gebe zu, was seinen Witz betrifft, hatte ich ihn so anfänglich nicht eingeschätzt. Aber: „Wie so oft im Leben liegt man manches Mal daneben!“
Ergänzt wurde das Portfolio dann noch durch Aufnahmen mit Mitstreitern und Unterstützern der Kampagne. Natürlich durften auch ein paar Einzelportraits on location nicht fehlen. Ein ganz besonderes Erlebnis war für mich der gemeinsame Besuch im Atelier Marschewski. Natürlich ist die Förderung von Kunst und Kultur eine wichtige lokalpolitische Aufgabe – daher musste auch dieses Feld wahlkampf- und fototechnisch beackert werden. Die Wahl fiel hierfür auf den Saalfelder Künstler Hans-Peter Marschewski. Für mich ein tolles Wiedersehen, denn Hans-Peter Marschewski arbeitete bis zu seiner Pensionierung unter anderem als Dienststellenleiter der PIZD bei der damaligen Polizeidirektion Saalfeld – und hier war er für einige Jahre mein unmittelbarer Vorgesetzter. Schon damals begeistert von Kunst und Malerei weitete er sein Hobby nach der Pensionierung aus und schafft seither die schönsten Kunstwerke in Öl, Acryl und Aquarell – die unter anderem vor Kurzem in einer Werkschau im Thüringer Landtag zu sehen waren. Also ein idealer Unterstützer für den Bereich Kunst und Kultur. Wir fotografierten hier Motive, bei denen Künstler und Bürgermeisterkandidat in intensivem Dialog zu kulturellen Themen stehen. Das Atelier von Hans-Peter Marschewski lieferte hierzu die perfekte Kulisse, wie ein entstandenes Großplakat zeigt. Das tolle an meinem Job ist, das er auch viele angenehme Seiten mit sich bringt. So endete dieser Shootingtermin mit einer Tasse Kaffee und einem wunderbaren Gespräch mit Herrn Marschewski. Natürlich habe ich mir es nicht nehmen lassen, auch noch ein paar Künstlerportraits mit ihm zu fotografieren – Ehrensache…
Wenn man die letzten Wochen einmal Revue passieren lässt, dann fällt einem auf wie viel Energie und wie viel Herzblut in jeder einzelnen Kampagne der Kandidaten steckt. Alle Kandidaten, die ich intensiver kennenlernen durfte, wären meiner Meinung nach gute Bürgermeister für ihre Städte. Letztlich entscheidet der Bürger darüber, wer in Zukunft die Zügel in der Hand hält. Interessant wird diese Wahl in jedem Fall. Im Folgenden findet ihr noch ein paar weitere Aufnahmen aus den verschiedenen Kampagnen…
Wenn euch der Beitrag gefallen hat, dann last ein paar Sterne hier oder teilt ihn auf Facebook. Über Feedback freue ich mich immer, egal ob zum Beitrag oder zu euren fotografischen Ergebnissen. Ein großer Dank geht an die Agentur Feuerzeichen (www.feuerzeichen.de) und den MARCUS-Verlag (www.marcus-verlag.de), welche mir freundlicherweise die Layouts der Großformatplakate zur Verfügung gestellt haben.
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